Richten die Jobcenter großen Schaden an?

Ich fange mal mit dem Link zum Artikel an: Dirk Kratz im Zeit.de Interview "Die Jobcenter richten großen Schaden an"

Und jetzt mein Kommentar:
Die Kritik von Dirk Kratz am Hartz IV System halte ich für berechtigt und begründet. Dass er Mitspracherechte für die Betroffenen fordert finde ich nicht nur richtig, sondern es ist unbedingt nötig - immerhin muss ein Betroffener mit den Chancen und den Makeln einer vermittelten Stelle leben. Das Funktionieren des Sanktionen-Systems hält er für empirisch nicht erwiesen.
Hier finde ich übersieht er folgendes: Den Leuten, die Hartz IV entwickelt haben, kam es darauf an, die Arbeitslosenzahlen zu senken. Sie waren davon überzeugt, dass genügend Arbeit da sei, aber haben gleichzeitig eingesehen, dass diese potentiell vorhandene Arbeit nur durch eine Senkung des Lohnniveaus in reale Nachfrage am Arbeitsmarkt verwandeln lässt. Sie wussten aber gleichzeitig, dass zu den viel niedrigeren Löhnen niemand arbeiten will. Zumindest nicht solange das alte Sozial-System in Kraft war. Die Leistungen aus der Arbeitslosen-Versicherung waren damals viel zu hoch, um einen Niedriglohn-Sektor, wie wir ihn heute haben, zu etablieren.
Dazu mussten sie Entwickler von Hartz IV, die Anbieter von Arbeitskraft zwingen, dieses gesenkte Lohnniveau zu akzeptieren, das heißt durch Zwang sollten einzelne Menschen dazu gebracht werden ihre Arbeitskraft zu lächerlich niedrigem Preisen anzubieten.
Dazu benutzten die Politiker zwei Mittel:

  1. Sehr niedrige Unterstützungsleistung, die gerade mal das überleben von Arbeitslosen sichert und 
  2. Sanktionen falls ein Niedriglohn-Arbeitsplatz nicht angetreten wird. 
Unter diesen Bedingungen ist die Zahl der Beschäftigten gestiegen. Was auch kein Wunder ist, denn Menschen haben das Potential Notzeiten zu überstehen. Außerdem haben die Sklavensysteme der Vergangenheit gezeigt, dass sich Arbeit durchaus erpressen lässt.
Und tatsächlich ist die wirtschaft produktiver geworden. Das BIP ist gestiegen und alle Zahlen zeigen auf grün. Nur der Wohlstand für die Betroffenen ist keinesfalls gestiegen. Der gestiegene Wohlstand ist allein der Kapital- und Manger-Seite zugeflossen.
Ich denke genau das war auch beabsichtigt. Insofern brauchte es nicht eines empirischen Beweises, dass Hartz IV funktionieren würde. Es funktioniert exakt im Sinne seiner zynischen Erfinder.

Fazit:
Dirk Kratz geht von einer demokratischen Gesellschaft mit humanistischem Menschenbild aus. Hartz IV System ist jedoch per Design ein System, das den wachsenden Niedriglohnsektor mit billigen Arbeitskräften versorgen soll. Insofern ist seine Analyse aus demokratischer und humanistischer Sicht richtig. Gleichzeitig ist sie jedoch voll daneben, weil es bei Hartz IV weder um demokratische und schon gar nicht humanistische Werte geht.

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