Gysi hat ein paar Punkte gut

Gestern um 11:15 ließ Gregor Gysi seine Rede auf YouTube hochladen und hat sie bei Facebook und G+ unter seinem Namen verlinken lassen. Auf Facebook erhielt dieser Beitrag bis jetzt 5005 Likes, wurde 608 Mal kommentiert und 568 mal geteilt. Bei G+ gab's 182 Plusse, 28 mal wurde der Beitrag geteilt und 85 mal kommentiert. Wie immer sind in den G+ Rankings die YouTube Bewertungen eingeflossen.
screenshot: Peter Benwar-Wagner
Gregor Gysi im Deutschen Bundestag 20.3.2014

... schnell mal einen Satz Quotienten bauen:

27,5 Facebook Likes / G+ Plusse
20,29 Shares (Facebook/G+)
7,15 Kommentiert (Facebook/G+)

Affirmativ Rezeptiv:
Like bzw Plusse / Kommentiert
Facebook : 8,23
G+ : 2,21

Bei den Leuten, die sich für Gregor Gysi und die Linke interessieren ist Facebook also weitaus populärer als das Gespann (G+/YouTube). Wenn ich die Zahlen richtig interpretiere sitzen bei G+ allerdings eifrigere Kommentatoren vor den Rechnern, während sich das Publikum bei Facebook rezeptiv und affirmativ verhält. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass ein "don't like" ausschließlich bei YouTube existiert. Hinzu kommt, dass bei Facebook viele Kommentar-Leser ihre potentiellen Kommentare schon beim Lesen der anderen Kommentare finden und einfach hinter den gefundenen Kommentar ein "finde ich Gut" klicken.

Ich selbst fand die Rede von Gregor Gysi gut, weise und in der Perspektive äußerst gescheit formuliert. Meine Lieblings-Punkte sind:

  • Aus dem Bruch von Völkerrecht kann irgendwann im Völkerrecht Gewohnheitsrecht entstehen. Gysi belegt das schon beginnend mit Ex-Jugoslawien und dem Kosovo und findet diese Entwicklung gefährlich.
  • Eine Bevölkerung - zumal eine unterdrückte Bevölkerung - muss das Recht haben das Land zu verlassen, aber nicht unter Verschiebung der Landes-Grenzen.
  • Beide Fälle der Abspaltung - Kosovo und Krim - sind völkerrechtlich nicht legitim.
  • Die jetzige Regierung der Ukraine ist nicht legitim. Im Nebensatz gesteht Gysi zu das man mit ihr dennoch verhandeln könne. Nun - das verstehe ich nicht - es sei denn er versteht darunter ausschließlich die Organisation von demokratischen Wahlen, aus der dann der eigentliche Verhandlungspartner hervorgeht.
  • Irgendwann ... werden alle Regierungen akzeptieren dass die Krim zu Russland gehört.
  • Ist der Bruch des Völkerrechts zu sanktionieren? Beispiel: Türkei besetzt in den 70er Jahren einen Teil von Zypern. Es gab keine Sanktionen. Es fehlen einheitliche Maßstäbe für die Außenpolitik und für den Einsatz von Sanktionen.
  • Wir brauchen weder die alten noch die neuen US-Atomwaffen in Deutschland.
    • Wenn je von den USA eine in Deutschland stationierte Atomwaffe gezündet wird, trifft die Antwort uns und nicht die USA
    • Wir sollten nicht auch noch 30 Millionen Euro für diese US-Atomwaffen bezahlen.
  • Deutschland sollte Rüstungsexporte generell verbieten.
  • Wie und wann will die Deutsche Politik wieder raus aus den Sanktionen?
  • Positives Verhandlungsangebot an Russland, indem man über die Nato-Raketen in Tschechien und Polen spricht und dafür Garantien von Russland verlangt, dass sie sich nicht einen Satelliten-Staat nach dem anderen einverleiben.
  • Man darf mit den Faschisten, die jetzt Teil der ukrainischen Regierung sind keine Verträge schließen und man darf ihnen kein Geld geben. Hier müssen ganz andere Maßstäbe gesetzt werden.
  • Die Nato hat gegenüber Gorbatschow 1990 die Zusicherung gegeben sie würde um keinen Inch nach Osten vorrücken. Dies war Teil der Vereinbarungen zur deutschen Wiedervereinigung. Der Preis für die Wiedervereinigung und der Zugehörigkeit ganz Deutschlands zur Nato war der Verzicht auf die Ost-Ausdehnung der Nato. Das ist verletzt worden. 12 Staaten des ehemaligen Ostblocks wurden in die Nato aufgenommen.
    • Auf den Einwand: Als selbständige Staaten wollten diese 12 Länder der Nato beitreten: Die Antwort: Aber die Nato wollte es auch, sonst kommt es nämlich nicht zustande.
    • Putin betrachtet die Entstehung eines mächtigen Militärbündnisses direkt an Russlands Grenzen als Bedrohung. Warum respektiert man das nicht?
  • Die Ukraine muss eine Brücke zwischen der EU und Russland sein.
  • Die Sanktionen bringen nichts und verschärfen die Situation.
  • Keine Unterstützung und Verträge mit der jetzigen Regierung in der Ukraine, sondern Unterstützung bei der Vorbereitung und Beobachtung demokratischer Wahlen und erst dann mit einer legitimen Regierung und ohne Faschisten Verhandlungen führen.
  • Die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine muss ausgeschlossen werden.
  • Die Ukraine ist eine Brücke zwischen der EU und Russland, und kann eine Mitglieds-Perspektive in der EU bekommen, wenn dies mit Russland ausgehandelt wird.
  • Russland wird zum Gewaltverzicht aufgefordert und erkennt die Ukraine als suveränen Staat an. Das muss verknüpft werden mit einer positiven Perspektive für Russland als Bestandteil Europas und nicht außen vor.
  • In der Ukraine muss das staatliche Gewaltmonopol durchgesetzt werden und die bewaffneten faschistischen Verbände müssen aufgelöst werden, bevor die EU einen einzigen Euro dahin überweist oder Verträge mit diesem Land abschließt.
Soweit die Punkte, die Gysi in seiner Rede Anspricht. In der Diskussion um diese Nato-Russland-Krise gibt es noch eine weitere Analysen von der sich eine auf die US-Außenpoltik bezieht, und die im Widerspruch zu einigen von Gysis Punkten steht. Konkret im Widerspruch zu den Energie-Politischen Interessen der USA, die dort von einigen wenigen Konzernspitzen formuliert und durchgesetzt werden. Strategisch geht es darum, die guten wirtschaftlichen Beziehungen der EU zu Russland zu erschüttern und den Energiemarkt - vor allem den für Erdgas - diesen US-Firmen zu erschließen. Diese Strategie der US-Außenpolitik begann sich abzuzeichnen als Putin sich von der strikten Marktöffnung der Jelzin-Jahre trennte und darauf achtete, dass Russland mit Gazprom einen eigenen mächtigen Energiekonzern im EU-Markt etabliert, der gegen die US-Konkurrenz bestehen kann.
Als EU-Bürger können wir kein Interesse daran haben, wenn die Konkurrenz auf dem EU-Energie-Markt zugunsten von US-Firmen abgeschafft wird. Zum einen werden wir dann gezwungen sein Fracking und die damit einhergehende Vernichtung von Grundwasser in unserem Land zu akzeptieren, und zum anderen werden wir noch höhere Preise für Energie bezahlen müssen . 

Im Fazit haben wir eine Linke Opposition, die wirtschaftliche und außenpolitische Interessen von Deutschland besser formuliert und im Parlament vertritt als eine Regierung, die ihre Unvernunft und Uneinsichtigkeit auch noch in praktische Politik umsetzen darf. Die gemeinsamen christlich-jüdischen Werte, auf die sich die Kanzlerin immer wieder bezieht wenn es um ihre Ablehnende Haltung zum EU-Beitritt der Türkei geht, scheinen bei den Vertragsverhandlungen mit Faschisten entweder keine Rolle zu spielen, oder man hat sie dort bei den neuen Freunden gefunden.

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