Grundeinkommen Catch 22

Grundeinkommen Catch 22

Thomas Straubhaar macht den Lesern der Welt eine Art des Grundeinkommens schmackhaft, die auf eine Idee von Juliet Rhys-Williams aus den 1940er Jahren zurück geht. Der Ökonom Milton Friedman griff sie erneut in den 1960er Jahren auf. Es ist die Idee der Negativen Einkommensteuer, die hierzulande mit dem "steuerfreien Grundfreibetrag" im Steuersystem verankert ist.
Ebenfalls aus den 1960er Jahren stammt ein Automobil, der DAF. Er hatte ein Automatikbetriebe und genau zwei Gänge, die schnell erklärt waren. Lege den Hebel nach vorn und das Auto wird vorwärts fahren, lege den Hebel nach hinten um, und das Auto bewegt sich rückwärts. Benutze Gas und Bremse, um die Geschwindigkeit zu regulieren. Genau so einfach erklärt Straubhaar die Mechanismen der negativen Einkommensteuer und tradiert dabei alle gängigen Vorurteile und Herrschaftsverhältnisse auf deprimierende Art und Weise. Straubhaar schreibt:

"Die Höhe des Grundeinkommens festzulegen, ist eine politische Entscheidung. Dabei gilt ein äußerst einfacher ökonomischer Zusammenhang: Ein hohes Grundeinkommen bedingt hohe Steuersätze, ein niedriges Grundeinkommen ermöglicht tiefe Steuersätze. Hohes Grundeinkommen und hohe Steuersätze verringern den Anreiz zu arbeiten, tiefes Grundeinkommen und tiefe Steuersätze verstärken den Anreiz zu arbeiten.

Je höher der Anreiz zu arbeiten, um so einfacher wird das Grundeinkommen zu finanzieren sein, je geringer die Arbeitsanreize, um so weniger wird das Grundeinkommen finanzierbar sein.

Es ist die große Illusion vieler, dass mit einem Grundeinkommensmodell die Masse der Deutschen keine Steuern mehr bezahlen, sondern nur noch von Transfers leben würde. Das Gegenteil ist der Fall: genauso wie heute bliebe der überragende Teil der deutschen Wohnbevölkerung netto Steuerzahler." 

Sein Artikel auf Welt.de hat die Überschrift "Warum das Grundeinkommen gut zu den Piraten passt." Ich bin kein Piraten-Parteimitglied, aber hoffentlich werden die Piraten gut verstehen, warum dieses Modell der Negativen-Einkommen-Steuer mit seiner DAF-Automatik und tradierten Vorurteilen sehr gut ins konservative Lager passt. Wer so etwas implementiert, der realisiert Catch 22 in der Sozialpolitik. Die Vorstellung du könntest in diesem Modell ein unzureichend hohes Grundeinkommen auf eine erträgliche Größe hochschrauben ist ein Irrtum. Du wirst für jeden Cent Rechenschaft ablegen müssen und dir von allen Scheinheiligen dieser Republik vorhalten lassen müssen, dass du Sozialschmarotzer unterstützen wolltest, wenn du einfach für ein Grundeinkommen kämpfst, das gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dieses Modell nutzt den Gegnern des Sozialstaates, denn es schafft ihn ab, ohne ein gleichwertiges oder gar besseres Netz zu spannen.

Straubhaar mag recht haben, dass es billigere Alternativen zum Sozialstaat geben muss, aber dann bitte keine DAF-Automatik mit der Spaßbremse am Steuer. Leser seines Artikels sollten sich unbedingt noch mit anderen Modellen vertraut machen. Was Straubhaar seinen Lesern schmackhaft machen will ist nicht das Bedingungslose Grundeinkommen, es ist die Negative Einkommensteuer, die als Modell ungefähr so alt ist wie alle Ideen vom Sozial-Staat. Die Diskussion um ein geeignetes BGE-Modell ist noch nicht durch. Sie hat gerade erst begonnen.

Quellen


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