Das Dessert auf den glücklichsten Tag in deinem Leben
Da gibt’s den einen Tag in deinem
Leben, da ist alles perfekt. Kein Wölkchen am Himmel, in der Nacht
warst du nicht allein und der Sex war der beste deines Lebens und die
Gedanken in deinem Kopf sind klar wie Kristall. Das Frühstück
schmeckt wie das Dessert auf die Nacht und im Bad schwebt in feuchter
Luft ein blumiges Aroma. Ich weiß nicht was an diesem Tag passiert,
denn du bist nicht allein, der diesen perfekten Tag erlebt. Jeder
erlebt diesen Tag auf die eine oder andere Weise. Der Tag ist so
perfekt, dass du sogar glaubst es würde jetzt ganz lange immer so
weitergehen. Es ist der glücklichste Tag in deinem Leben und du
bemerkst es nicht. Einmal weil es sich knapp unterhalb des maximalen
Glücks immer noch großartig anfühlt. Das verlängert diesen Tag
vielleicht sogar um Jahre. Dieses großartige Gefühl schmeckt nach
Normalität. Und die Normalität, das weißt du ganz genau, die ist
ewig. Und in all deiner Großartigkeit, die du jetzt als normal
empfindest ist noch ein Gefühl. Es ist die Hoffnung. Die Hoffnung
auf einen neuen Tag, der wieder wie der eben vergangene Tag einfach
nur perfekt ist. Ein neuer Tag im Bande einer ganzen Reihe von Tagen
an denen du kaum glückliche sein kannst.
Diese Hoffnung trügt. Und nichts ist
alltäglicher als trügerischer Schein. Du warst oben auf dem
Glücks-Gipfel und nun – na was ist wenn es nicht weiter hinauf
geht, was wenn das Glück keine Wiederholungen kennt? – hallo!
dämmert es so langsam. Fällt der Groschen? Gut du hast es kapiert,
danach geht es bergab - nur noch bergab!!! Ein drei Ausrufezeichen
Bergab! Ein Bergab, das die Schenkel brennen lässt, Bergab das im
Rücken drückt und zieht, Bergab das du in jedem Knöchel, in jeder
Muskelfaser fühlst. Ein Bergab, das an deiner Seele nagt. Es ist ein
lebendiges Bergab, ein Bergab, dem du einen Vornamen geben könntest
und das dein bester Freund wird.
Ohh, die besten Freunde! Die sind alle
auf dem gleichen Pfad, bergab duldet aber nur wenig geselligkeit. Die
Liebe des Lebens schmeckt plötzlich schal und faulig. Geselligkeit,
Freundschaft, Liebe all dass war so leicht auf dem Gipfel da oben.
Dort in weiter Vergangenheit, da warst du einmal glücklich. Die
Freunde verlassen dich jetzt, einer nach dem anderen. Manche ziemlich
unfreiwillig – sargdeckel-unfreiwillig!
Diese Hoffnung. Trügerisch ist sie
nicht immer. Manchmal geht es wieder hinauf. Die Stimmung steigt,
kommt das Glück zurück? Vielleicht gerade jetzt? Ach diese Steigung
– sie ist doch eher eine Qual - ein quälendes Glück, das sofort
bezahlt werden will. Irgendwas ist immer, die Verletzungen heilen nie
richtig aus, es bleibt immer etwas Schmerz. Ein Galle-Tropfen in
einer Beeren-Auslese. Es geht verdammt nochmal bergab.
Und irgendwann vor dem Spiegel kapierst
du was los ist: Es rottet. Nicht nur der Körper mit seinen
Zipperlein, Fettecken und knackenden Gelenken, die immer
unbeweglicher werden. Das Bild im Spiegel zeigt dir täglich was dort
bei lebendigem Leibe rottet. Es rottet der Leib, es rottet die Seele.
Es rottet das Bankkonto, das Auto das Haus, die Freundschaften, die
Liebschaften, die Feindschaften und Verwandschaften. Alles rottet. Du
versuchst dagegen anzukämpfen. Strengst dich an, versuchst kleine
Tricks. Für das Glück hattest du keine Antenne als mit dir war. Du
hast es missachtet zur Normalität degradiert. Um so deutlicher und
unfreiwilliger kostest du nun diesen rottenden Misthaufen aus, und
versuchst die Normalität zu leugnen. Jedoch es ist nicht an dir, die
Standards für Normalität zu setzen. Das Verrotten begleitet dich
bis ans Ende – sargdeckel-unfreiwillig! Egal was du warst, was du
in die Welt gesetzt hast, woran dein Herz hängt – es verrottet
alles. Das Dessert deines glücklichsten Tages schmeckt nach Galle,
Eiter und Moder und es ist nicht optional.