Handlungsreisender 2.0

Das Telefon klingelt. Schon zum dritten Mal. Herta M. hat die Behäbigkeit einer 86 Jährigen Rentnerin - und genau das ist sie. Die alte Dame meldet sich und spricht mit Dr. Reiner.
"...Ja, richtig. Ich bin Dr. Reiner vom Krankenhaus. Ich muss ihnen leider mitteilen, das ihr Sohn einen schweren Verkehrsunfall hatte. Wenn wir nicht sofort operieren könnte es zu einer Querschnittslähmung kommen."
"Oh Gott". Hertas Sorgen verwandeln sich in leichte Panik.
"Bleiben Sie ruhig Frau M. wir haben bisher alles unter Kontrolle und ihr Sohn kann es schaffen. Es ist nur ein Problem mit der Krankenkasse. Die zahlen nicht mehr alles. Das Krankenhaus braucht eine Sicherheit. Könnten sie uns 7000 Euro zur Sicherheit geben?"
Das ist für Herta M. keine Frage. Natürlich kann sie. Dr. Reiner ist so nett ihr den Weg zum Krankenhaus abzunehmen. Er verabredete mit Herta M. das das Geld in 30 Minuten von einem Boten abgeholt wird.
Jetzt hat es Herta eilig. So schnell sie eben kann bewältigt sie den Weg zur Sparkasse. 7000 Euro sind schnell abgehoben. Es ist ja für ihren Sohn.
Der nicht ganz so gute Dr. Reiner legt den Hörer auf. Öffentliche Telefonzellen sind immer schwerer zu finden. Früher musste er meist nur einige Meter gehen, heute fährt er beinahe quer durch die ganze Stadt um das Haus seines Opfers zu erreichen. Aber er schafft es gerade rechtzeitig.
Herta M. ist gerade zu Hause angekommen, als Dr. Reiner bei ihr Klingelt. Er stellt sich schon im Hausflur kurz als Bote vom Krankenhaus vor. Auf seinem Quittungsblock ist oben die Quittung für Herta M. vorbereitet.
"Wann kann ich meinen Sohn besuchen?" fragt Herta den Boten.
"Nach der OP wird er auf die Intensivstation verlegt. Rufen Sie vielleicht in einer Stunde beim Krankenhaus an." rät der Bote und fügt hinzu. "Ich würde sie ja gerne zum Krankenhaus mitnehmen, aber ich habe noch eine ganze Liste von Besorgungen abzuarbeiten. Das wird gut und gerne noch vier Stunden dauern, bis ich wieder im Krankenhaus bin."
Herta händigt ihm das Bargeld aus. Sie zählt es ihm in die offene Hand, und bemerkt dabei die edlen Lederhandschuhe die der kleine drahtige Mann trägt. Der Bote steckt das Geld in eine Geldtasche mit einem Rot-Kreuz Aufdruck. Vom Quittungsblock reißt er das obere Blatt herunter, drückt es der alten Dame in die hand.
"Ihre Quittung Frau M. Wenn die Krankenkasse zahlt bekommen sie die Sicherheits-Zahlung zurück. Also gut aufheben."  Der Bote dreht sich um und läuft die Treppen hinuter. Draußen verschwindet er in der nächsten Seitenstraße. Dort steigt er in seinen Porsche Cayenne und verschwindet aus der Stadt.
Der nicht ganz so gute Dr. Reiner freut sich als er auf der Autobahn freie Fahrt vorfindet und seinen Porsche etwas treten kann. Schon in einigen Tagen wird er seinen kleinen Trick in einer anderen Stadt durch ziehen. Ein Handlungsreisender 2.0.

Inspiriert durch: Seniorin fällt auf Telefontrick herein

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