Ich teilte mein Brot...

... aber nicht mit den zwölf Aposteln. Ich hatte mein Brot eingefroren um es an einem Morgen wie diesem zu Essen. Das funktioniert nicht nur mit Brot, und anderen Lebensmitteln, sondern auch mit Brennholz, Benzin, Gas und Öl. Das funktioniert dermaßen gut, dass wir ein Wort dafür haben - Vorratshaltung. Allerdings funktioniert Vorratshaltung nicht immer und vor allem sie funktioniert nur auf sehr beschränkte Zeit. Ganz schlecht funktioniert sie mit Strom, PKW, Computer und Vieh.
Wie ist es mit Geld? Vorratshaltung für Geld. Die fetten Geldspeicher bei Donald Duck - funktionieren die? Geld wäre ideal, kein natürlicher Schwund durch Schimmel, Diffusion und so weiter. Als ich als kleiner Junge mein erstes Sparkonto bekommen habe, hat mir der Filialleiter gleich ein Sparschwein dazu geschenkt. Das war dann Donalds Geldspeicher für Arme und das Sparen hat so manche Phantasie beflügelt. Kein Hunger mehr in der Welt, wenn alle tüchtig sparen. Wer Hunger hat nimmt etwas vom Sparkonto und kauft sich davon mehr als nur eine Mahlzeit. Ein dickes Sparkonto macht das Leben erst lebenswert. Über Geld redet man nicht, das hat man. Aber diese schönen Phantasien sind so naiv wie ein achtjähriger Junge nur naiv sein kann. Am Ende gilt die Mahnung der Cree: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“
Die Cree wussten in ihrer Zeit viel besser, als diejenigen denen die Mahnung galt, was Vorratshaltung ist. Wir alle leben von einer Erde auf der alles Leben in einem natürlichen Gleichgewicht zirkuliert. Wir alle sind ein Teil zu diesem Gleichgewicht, auch wenn das niemandem bei 260 KM auf einer deutschen Autobahn klar wird. Man muss es nicht begreifen, denn wer es nicht begreift der wird begriffen und muss sich irgendwann an ein anderes Gleichgewicht anpassen. Für alles was du heute nimmst wirst du selbst oder deine Nachkommen morgen schon Opfer bringen müssen. Und niemand kann dir garantieren dass fair abgerechnet wird.
Al Gore sieht das Gleichgewicht der Erde aus den Angeln gehoben und scheint zu glauben, dass wir es durch energisches Handeln wieder herstellen könnten. Das erinnert mich daran, dass ich früher mal eine Wiese in Brand gesteckt hatte. Zuerst gefiel es mir, wie das Feuer rasch größer wurde, doch dann sah ich dass "rasch" hier "überproportional schnell steigend meint" - nicht dass ich dies damals exakt so ausgedrückt hätte. Alles was ich begriffen habe war, dass ich sofort alles dran setzten musste um zu löschen, denn bald würde das Feuer schneller wachsen als ich es jemals löschen könnte. Ich hatte Glück. Noch konnte ich schneller Löschen, als das Feuer neue Flächen für sich erobern konnte. Aber als ich anfing mit meiner Jacke auf die Flammen einzuschlagen hätte alles auch ganz anders ausgehen können. Es war knapp - verdammt knapp! Und als es vorüber war, fühlte ich mich als Retter der Welt.
Aber das Gefühl täuscht. Auch wenn die Rezepte, die Al Gore vorschlägt irgendwie klappen sollten: Die Wiese hat einen gigantischen schwarzen Fleck für den es keine Ausreden gibt. Ich meine, das Plutonium, das wir erschaffen haben, und das es zuvor auf diesem Planeten nicht gab, ist ab jetzt Teil eines neuen Gleichgewichts. Das gleiche gilt für jeden anderen Stoff, den wir durch chemische oder physikalische Reaktionen neu in diese Welt gesetzt haben. Es sind tausende und niemand kann voraussagen wie sie sich in Zukunft auf das Leben auswirken werden. Ein Zurück wird es auf keinen Fall geben, ein neues Gleichgewicht wird es auf jeden Fall geben.
Die Welt lebt und Leben ist ständige Veränderung. Leben ist Teilen. Ein Teil des aktuellen Lebens ist Nahrung für anderes oder neues Leben. Ein Teil vom Wasser, das jetzt Teil meines Körpers ist, war vor kurzem eine Wolke, danach schwamm darin ein Fisch, vielleicht haben es die Zellen von einem Flusskrebs aufgenommen, der von einem Fisch gefressen worden ist usw. Das Wasser in mir fließt langsam durch mich hindurch. Ein Teil davon ist morgen schon durch mich hin durchgeflossen und wird demnächst ein Teil von irgend einer anderen Lebensform sein. Vielleicht einer Erdbeere - wer weiß. Es ist nicht schwer sich so einen Kreislauf vor zu stellen, wie schwer ist es sich diesen Kreislauf mit einem kleinen Teilchen Plutonium vorzustellen? Es ist meinetwegen in einer oberirdischen nuklearen Reaktion entstanden, hat sich mit den Winden verteilt, landete im Gewässer, aus dem mein Trinkwasser gezogen wird, ich genoss es mit meinem Kaffee, oder habe es in ein Reiskorn eingekocht, es steckt vielleicht im Brot. Wie auch immer es wurde Teil meines Körpers, dort verstrahlt es seit geraumer Zeit einige Zellen der Milz. Genau diese Zellen bilden einen Tumor aus. Das Plutonium-Teilchen ist mittlerweile weiter gewandert es schwimmt gerade in einem Forellen-Teich und ändert dort das Erbgut einiger Zucht-Tiere usw. Es ist leicht sich sowas Vorzustellen und mir ist klar, dass es nicht nur eine Vorstellung ist. Es passiert jetzt und hier und die nächsten eine Millionen Jahre. Kate Bush hat es in Breathing besungen nur bei ihr schwebt das Plutonium-Teilchen in der Luft und wird immer wieder eingeatmet. Wie oft kann ein Plutonium-Teilchen in einer Million Jahren in Lebewesen Krebs verursachen. Wie viele Arten werden in einer Millionen Jahren von Mutationen betroffen sein, die durch Plutonium-Teilchen erst hervorgerufen wurden? Wie viele Arten können in einer Millionen Jahre ganz neu entstehen, nur weil das Erbgut ihrer Vorgänger geschädigt wurde?
Ich teile mein Brot. Und nicht nur mein Brot. Ich teile alles und das meiste das ich Teile, oder das du mit mir Teilst, das teilen wir unbewusst, unfreiwillig und unbemerkt.


Literatur:


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