Aber ich will doch nur besser Essen

Immerhin - gut unterhalten hab' ich mich, als ich eben die Kolumne bei +SPIEGEL ONLINE von +SILKE BURMESTER fand. In Form eines offenen Briefes wendet Frau Burmester sich an die "verehrten Veganer". Der Ton des Artikels ist ironisch, mithin auch die Verehrung.
Frau Burmester pflegt ein Zerrbild, dem sie ihre Ironie und all ihren Spott widmet. Herablassend wirkt ihre kluge Belehrung auf mich, wenn ich erfahren muss, dass ich nie mehr Bahn fahren darf und auch keine Streichhölzer mehr benutzen kann, wenn ich Veganer sein will. Natürlich hat Frau Burmester die Deutungs-Hoheit über das Wort "Veganer". Sie weiß auch vor welchen Menschen sich die Tiere fürchten, was Jesus, Rosa Luxemburg und Elvis essen würden, wenn sie wieder kämen. Was sie nicht weiß ist, wie Muslime die Eisenbahn stoppen oder Zündhölzer verwenden.
Ich frage mich, was in aller Welt hat das mit "besser Essen" zu tun? Darf ich, wenn ich dem Ideal des Veganismus nacheifere mich Veganer nennen, oder muss ich die Eisenbahn mit Gummi Latschen stoppen, bevor ich Veganer sein darf. So ist das mit Zerrbildern - einmal in die Welt gesetzt, entwickeln sie ihr Eigenleben und verhindern jede sachliche Diskussion zum Thema.
Bis zum Bio-Eier-Skandal vor einigen Wochen, war Veganismus für mich kein Thema, weil mir klar war, das ich hier nicht 100 % hin bekomme. Es sind teilweise persönliche Schwächen, aber auch mangelnder Durchblick in die letzten Feinheiten industrieller Produktion. Die 100 % dürften für jeden ein Problem sein, der sich um das Ideal bemüht. Und Leute die es schaffen, ohne tierische Produkte zu verbrauchen durchs Leben zu schreiten, kann ich nur Bewundern - wäre andererseits aber auch skeptisch. "Es gibt kein richtiges Leben im falschen." ein zum geflügelten Wort gewordene Sentenz von Theodor W. Adorno nährt meine skeptische Haltung.
Für mich bedeutet dies, die Abkehr vom moralisch perfekten Ideal. Ich weiß das ich nicht perfekt bin, und schon deshalb das Ideal vermutlich nicht erreichen werde. Aber warum sollte ich aufhören es anzustreben? Es wäre doch gut, wenn es wenigstens bei der Ernährung klappen würde - auch wenn da einige Ausrutscher drin sind, ist es immer noch besser als sich jeden Tag schlecht zu Ernähren. Jawohl tierische Fette, zuviel Fleisch, zu wenig Gemüse all das sind Attribute schlechter Ernährung. Nur weil mir jeder einreden will, dass Fleisch, Milch und Ei gesund seien, macht das noch keine gute Ernährung aus. Wenn das gesund ist, frage ich mich wo die Gicht- Krebs- Kreislauf- und weitere ernährungs bedingte Erkrankungen herkommen.
Eins ist mir aber schon klar - obwohl Frau Burmester das vielleicht anders sieht und sie viel viel klüger ist. Solange ich keine kleinen Kinder esse, ist mein Diätplan Privatsache. Ich suche gerne nach Ratschlägen und Rezepten, ich schreibe auch den einen oder anderen Blog zum Thema, und ich bilde mir ein, wenn alle gesündere Ernährungsgewohnheiten hätten, würden einige ökologische Ressourcen geschont werden. Ich bilde mir jedoch nicht ein, dass, wenn der Fleischkonsum insgesamt reduziert würde, es den Haustieren in der geschrumpften Tier-Haltung auch nur einen Deut besser ginge als heute. Genauso wenig wie ich mir einbilde, das teure Eier zwangsläufig bessere Produktionsbedingungen hätten, als ihre billigen Konkurrenzprodukte. Bei den teuren Eiern ist die Gewinnmarge für Produzenten und Handel einfach etwas höher als bei den billigeren Produkten. Da bleibt am Ende mehr in den Taschen der Händler und Produzenten. Ob die das dann in ihre Produktionsstätten stecken oder sich einfach ein schickes Vehikel zur Fortbewegung kaufen kann ich nicht nachprüfen. - Auch das ist Privatsache.


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