Diskretion und Datenschutz bei Bewerbungen - Jobcenter will mitlesen und riskiert ungültige Arbeitsverträge

Die Anbahnung von Verträgen - zumal Arbeitsverträgen - ist ein sensibles Geschäft, das Fingerspitzengefühl und Diskretion erfordert. Häufig werden Bewerber vom künftigen Arbeitgeber um die Preisgabe bestimmter Informationen - und sei es nur die Gehaltsvorstellungen - gebeten, die nicht jedermann wissen muss. Diskretion ist in einem seriösen Bewerbungsverfahren also oberste Pflicht. So achten Arbeitgeber darauf, dass sie eingereichte Bewerbungsunterlagen entweder an den Absender zurückschicken, oder die Daten vernichten, nachdem der Job vergeben wurde. Desweiteren sind beide Seiten dazu verpflichtet ehrlich über alle Umstände zu informieren, die das zukünftige Arbeitsverhältnis beeinflussen. Wer im Bewerbungsverfahren unwahre Angaben macht, oder bestimmte Umstände verschweigt, die seine Arbeitskraft einschränkt, riskiert dass ein geschlossener Arbeitsvertrag ungültig ist.
Nun liegen mir zwei Fälle vor, die eklatant gegen diese Gepflogenheiten verstoßen und wo das JobCenter sogar riskiert dass ein Arbeitsvertrag als ungültig erklärt wird.
Im ersten Fall sollte ein herzkranker 58 jähriger Diabetiker in eine Vollzeit-Tätigkeit vermittelt werden, die körperlich anspruchsvoll aber nicht übermäßig belastend ist. Der Vermittler der vom JobCenter beauftragen Bildungseinrichtung gab dem Kunden den Rat seinen Gesundheitszustand während des Bewerbungsprozesses unerwähnt zu lassen. Der Kunde ließ sich darauf ein. Die Vermittlung wurde aus Mitteln vom Programm "Perspektive 50 Plus" gefördert und war erfolgreich. Nun obliegt es dem Arbeiter im Job so aufzutreten als sei er kerngesund. Sollte sein Arbeitgeber von den verheimlichten Krankheiten erfahren, die gegebenenfalls die Sicherheit am Arbeitsplatz gefährden, wäre der Arbeitsvertrag ungültig.
In einem anderen Fall wurden Mittel auf Erstattung der Bewerbungskosten aus dem Vermittlungsbudget des JobCenter beantragt. Um den Antrag, bearbeiten zu können forderte das JobCenter nicht nur eine Liste der Adressdaten derjenigen Arbeitgeber bei denen sich der Kunde beworben hat (was als Nachweis für Bewerbungen ausreicht), sondern wollte auch noch alle E-Mail Korrespondenz zu diesen Bewerbungen im Ausdruck vorgelegt bekommen.
Beide Fälle zusammen eröffnen interessante Perspektiven, auf die zukünftige Praxis zur Vermittlung von Arbeitsverhältnissen. Unlautere Anweisungen darf der Vermittler nicht in einer Eingliederungsvereinbarung festlegen. Mündlich kann dies jedoch leicht erledigt werden. Mit den eingeforderten Ausdrucken kann das JobCenter dann im nachhinein prüfen ob sich der Kunde an alle Auflagen gehalten hat, also die legalen aus der Eingliederungsvereinbarung sowie den unlauteren Ratschläge, die dem Kunden mündlich mitgeteilt wurden.

Quellen?

Ich denke Nachfragen im ersten Fall beim vom JobCenter beauftragten Vermittler der Bildungseinrichtung erübrigen sich, da mündlich erteilte Auflagen zum Einsatz unlauterer Methoden im Bewerbungsgespräch nicht nachweisbar sind. Hier habe ich nur die Aussage des betroffenen Arbeitnehmers, der ungenannt bleiben will. Im zweiten Fall war die Anforderung der Computer-Ausdrucke der E-Mail Korrespondenz schriftlich geschehen. Das Original-Schreiben des JobCenter liegt mir vor.

Photo: Peter Benwar-Wagner


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