Corporate America findet die Deutschland AG peinlich?

Nach einer Meldung auf Spiegel Online findet Senator McCain den Führungsstil der Kanzlerin Merkel peinlich. Sie würde zu sehr die Lobby-Interessen der deutschen Unternehmen bei ihrer Politik berücksichtigen. Diese Kritik bezieht sich auf die gedeihlichen Beziehungen, die deutsche Unternehmen mit russischen Handelspartner pflegen. Diese guten Beziehungen einiger deutscher Großkonzerne, wie Siemens haben eine lange Tradition und ihre Wurzeln liegen in der Entspannungspolitik, die Willy Brandt in Absprache und mit diplomatischer Unterstützung der Nixon Administration schon in den 1970er Jahren startete.
Damals sollte durch eine immer stärkere wirtschaftliche Verflechtung der Staaten jenseits der Militärbündnisse eine neue Ebene von Interessen implementiert werden, die einem Nuklear-Krieg durch gegenseitige partnerschaftliche Kontakte entgegenwirkt. Natürlich war damals kalter Krieg, deshalb gab es auch keinen freien Handel im heutigen Sinne, aber landwirtschaftliche Erzeugnisse und Energieträger (Gas und Öl) konnten schon gegen Devisen geliefert werden. Der Handel mit Technik-Produkten unterlag strengen Kontrollen und es gab Produkte die keinesfalls in die Warschauer-Pakt-Staaten geliefert werden durften.
Mit dem Zerfall des östlichen Militärbündnisses und dem Ende der UdSSR und Gründung der GUS vertieften sich die Handelsbeziehungen mit Russland. Unter Putin gab es einige Zäsuren, die konkret gegen die Interessen einer US-Konzerne gerichtet waren. Da war zunächst das Urheberrecht auf Digitale Medien, das die Russen nicht in der gewünschten Form akzeptierten und das der US-Film -Musik und -Software-Industrie größeren Schaden zufügte. Aber so richtig in Fahrt kamen die kalten Krieger in den USA erst mit der Zerschlagung des Energie- und Rohstoff-Imperiums das Michail Chodorkowski in Russland aufgebaut hatte. Danach galt Putin in den USA als Diktator. Aus Russischer Sicht war es aber eher eine Notbremsung, denn Russland lebt von seiner Energie- und Rohstoff Produktion und konnte es nicht einfach an irgendwelche US-Konzerne zum Wohle eines einzigen Milliardärs meistbietend verkaufen.
Die USA decken ihre wirtschaftlichen Interessen immer auch militärisch. Die NATO-Ostgrenze verschob sich immer näher an Russland, während die westliche Medienpropaganda aus Putin immer mehr einen Despoten und autoritären Herrscher zeichnete. Dies waren diplomatische und propagandistische Erfolge für die USA und Niederlagen für Putin und Russland. In der Ukraine ist dieser Taktik nun die Puste ausgegangen. Krieg liegt in der Luft und weil so viele Interessen dranhängen kann dies leicht ein atomarer Krieg werden.
Ich persönlich glaube nicht dass es soweit kommen wird, dieser Krieg ist eher ein Bluff und soll den Gegner am Poker-Tisch beeindrucken. Was im Pott liegt ist klar: Es sind die gedeihlichen Wirtschaftsbeziehungen die europäische Konzerne mit russischen Konzernen haben. US-Konzerne können im Schatten der Ukraine-Krise ihre Handelspositionen in Europa festigen und weiter ausbauen, vor allem auf dem Energie-Markt geht es darum russische Firmen aus dem Markt zu drängen.
Um jetzt nochmal auf McCain zurückzukommen. Sein verbaler Angriff gegen Merkel ist sowas wie der Gipfel in der hohen Kunst der Heuchelei. Politik und Wirtschaft sind sowohl in den USA als auch in Europa extrem eng verzahnt. Auf beiden Seiten des Atlantik läuft rein gar nichts, was gegen die Interessen von Exxon, VW, Siemens, Boing, Microsoft, Du Pont und andere gerichtet ist. Das ist natürlich eine sehr komplizierte Geschichte und mit ein Grund warum die bisherige Politik sich tot gelaufen hat. So viele Lobby-Interessen unter einen Hut zu bringen ist unmöglich, einer muss Federn lassen. Wer den europäischen oder auch nur den deutschen Energie Markt auf Kosten der Russen aufmischen will, handelt gleichzeitig gegen die Interessen einiger deutscher Firmen. McCains Heuchelei ist also ein wohl gesetzter Zug, auf den so mancher Populist hierzulande leicht aufspringen mag.
Ein guter Konter von Merkel wäre es in Sachen NSA-Affäre eins drauf zulegen. Eigentlich liegt jetzt die Anhörung von Edward Snowden vor dem NSA-Untersuchungsausschuss an. Ich finde hier sollte sich die deutsche Politik nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Ordentliche Sicherheitsgarantien für den Mann aussprechen und natürlich auch implementieren, ihm Asyl anbieten und ihn zur Anhörung einladen.
Wenn dann in einigen Wochen jedem klar ist, wie weitreichend die NSA-Gesetzesbrüche in Europa und vor allem in Deutschland sind, sollte man auch mal neben der Nuklear-Kriegs-Drohung auch einen NATO-Austritt Zentral-Europas in die Poker-Runde werfen und gut beobachten wer zuerst zuckt.




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