Die Grundierung
Ein Monolog der Leinwand
Ich war weiß.
Nicht leer – weiß.
Ein Unterschied, den nur jene kennen, die bemalt werden sollen.
Man hat mich vorbereitet.
Mit Gesso, mit Geduld.
Drei Schichten, jede getrocknet wie ein Versprechen.
Ich war bereit für Tiefe, für Farbe, für das große Drama.
Und dann kam er.
Mit einem Strich.
Ein einziger, schwarzer, entschlossener Strich.
Wie ein Blitz, der nicht fragt, ob der Himmel bereit ist.
Ich bin nicht beleidigt.
Ich bin verwundert.
Denn ich trage ihn – diesen Strich – wie ein Tattoo,
das mehr sagt als ein Fresko voller Engel.
Er hat mich nicht gebraucht.
Nicht wirklich.
Aber er hat mich gewählt.
Und das ist etwas anderes.
Ich bin die Bühne für seine Ironie.
Ich bin das Echo seiner Vergangenheit.
Ich bin das Schweigen zwischen zwei Pinselstrichen.
Und wenn sie mich betrachten,
sehen sie nicht mich.
Sie sehen ihn.
Und das ist mein Triumph.


