Beschäftigung im Trend

Ich habe mir erlaubt die Zahlen, die vom Statistischen Bundesamt zur Beschäftigung veröffentlicht werden so zu lesen, wie ich eine Wertanlage beurteilen würde. Als mittelfristig orientierter Anleger - sagen wir ich wollte eine Aktie zwischen 2 und 4 Jahren oder noch länger halten - interessiert mich nicht das monatliche oder gar tägliche Rauf und Runter der Kurse. Ich interessiere mich für einen längerfristigen Trend.
Die Statistik kennt hierfür das Verfahren des gleitenden Durchschnitts. Hierzu wählt man eine Periodenlänge - bei den Beschäftigtenzahlen bieten sich 12 Monate an - und errechnet über diese Periode das arithmetische Mittel. Also für Dezember 2015 nehme ich die letzten 12 Monats-Zahlen. Dann verschiebe ich das Raster um eine Zeile nach unten und errechne so den nächsten Durchschnitt für Januar 2016 usw.
Bei Größen wie Arbeitslosigkeit, Kneipen-Umsatz, Taxi-Umsatz, Flugverkehrs-Aktien, Grippe-Tote, Beschäftigung und so weiter kommt man mit der Periodenlänge von 12 Monaten ganz gut zurecht, weil diese Größen sich Saisonal über ein Jahr entwickeln.
Das Statistische Bundesamt berücksichtigt diese saisonalen Schwankungen und bereinigt die Beschäftigtenzahlen in den Spalten Saisonbereinigt (vgl. Tabelle unten). Diese Zahlen könnte man verwenden um zum Beispiel Periodenlängen von 3 Monaten zu nehmen, also Quartalszahlen, man kann sie aber auch wie gehabt für genau eine Saison also 12 Monate zugrunde legen, und damit den gleitenden Durchschnitt berechnen. So erhält man einen sehr stabilen Trend.
Wenn du dir die Zahlen in der Tabelle anschaust siehst du dass dieser Trend steigt. Was du nicht so ohne weiteres sehen kannst ist, ob der Anstieg sich beschleunigt, oder ob er irgendwie gleichmäßig hoch läuft. In einem startenden Flugzeug würdest du den Unterschied daran merken, ob du einfach nur in den Sitz gedrückt wirst, oder ob du immer tiefer in den Sitz gedrückt wirst, was kurz der Fall ist, wenn der Pilot zum starten der Maschine vollen Schub gibt.
In der letzten Spalte der Tabelle ist dieses Gefühl, immer tiefer in den Sitz gedrückt zu werden an den Zahlen abzulesen. Von Monat zu Monat beschleunigt sich der Anstieg der Beschäftigtenzahlen, und das nun schon seit mindestens Januar 2015. Es ist also nicht nur so, dass Beschäftigung begonnen hat abzuheben, sondern sie tut dies von Monat zu Monat immer schneller mit leichten Schwächephasen zwischendurch.
Bild: (c) Peter Benwar-Wagner

Aber auch in diesen Schwächephasen ist der Trend nach wie vor Ansteigend, die Beschleunigung nicht unterbrochen, sie läuft in den Schwächephasen nur etwas langsamer. Gestoppt wäre die Beschleunigung ganz unten im Bild bei 0 auf der Y-Achse. Bei Werten unter 0 wäre der Trend fallend - Aktien würde man dann verkaufen, bei Beschäftigtenzahlen streiten schiebt man sich dann gegenseitig die Schuld zu. So wie man sich in besseren Zeiten um die Urheberschaft für das Job-Wunder streitet.
Apropos Urheber ... Ein sich ständig beschleunigender Trend bei Beschäftigtenzahlen läuft sicher auch einmal aus und wird sich irgendwann wieder umkehren. Dann würde die Linie im Chart nach unten in den negativen Bereich durchbrechen und die Beschäftigung würde zurückgehen, die Arbeitslosenzahlen würden auf der anderen Seite wieder ansteigen. So lange es gut läuft denkt niemand daran den Trend zu stoppen, und wenn der Trend gedreht hat wird es schwer ihn zu stoppen.

Zuletzt ist das bei annähernd 5 Millionen Arbeitslosen mit herben Einschnitten beim Einkommen, Vermögen und den Grundrechten der Ärmsten - das heißt den Arbeitslosen geschehen. Das Ergebnis nach 10 Jahren schön-gerechneter Armut und Grundrechts-Verletzungen gegen Arbeitslose ist ein Anwachsen von rechtsextremer Gesinnung. Rechtsradikale treten immer unverschämter auf und zum Teil agieren sie offen kriminell.
Kurzum das "Gesundsparen" auf Kosten der Ärmsten und zum Wohle der oberen 10 % im Lande ist eine Kur mit unliebsamen Nebenwirkungen, über die sich jeder demokratische Politiker im klaren sein muss, wenn er vereint mit Wirtschaftsvertretern "neue Reformen" verlangt. So gut wie sich die Beschäftigung momentan entwickelt, ist es doch irritierend, dass der Trend zu rechtsextremen Positionen dennoch überaus stark ist. Die Neo-Liberale Kur hat gewirkt, soweit es um Beschäftigung geht, sie hat aber auch eindeutig das politische Klima verändert.
Hinzu kommt, wie krass man auch immer diese Kur anlegt - und ich kann mir schlimmeres als Hartz IV vorstellen - sie wird aus mehreren Gründen irgendwann wieder zur Ausgangslage zurückführen. Am Ende eines "Reformzyklus" steht immer wieder das Phänomen Unterbeschäftigung.
Wir haben nun die Wahl noch mehrere dieser Zyklen von immer Härter werdenden Sparmaßnahmen und Einkommens-Steigerungs-Runden für Kapitalisten zu durchleiden, oder auch mit Hinblick auf absehbare technologische Fortschritte, einen ganz neuen Deal zu machen bei dem nicht die Rechte ausgegrenzter Personen ignoriert werden, weil es gar nicht erst zu Ausgrenzungen kommt.
In diesem Deal wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen zu verhandeln. Initiativen wie das Bündnis Grundeinkommen lassen da Hoffnung aufkeimen. Aber gerade dieses Bündnis Grundeinkommen zeigt auch, dass es beinahe unmöglich ist, neue Ideen wirksam in die Breite der Parteien-Landschaft zu etablieren.
Die USA haben die Neo-Liberale Kur heftiger und konsequenter durchgezogen. Trump geht nun daran die letzten Reste des Sozialsystems zu eliminieren. Ich wünsche mir so etwas nicht für dieses Land. Daher sollten wir eine Periode der Prosperität nutzen, um die Einkommensverteilung gerechter zu gestalten. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen wäre ein guter Schritt.

Die Tabelle der Beschäftigten-Statistik

Quelle ist wie oben schon erwähnt das Statistische Bundesamt. Die Zahlen wurden heute bekannt gegeben. Ergänzt habe ich die letzten beiden Spalten für den Binonautenreport um den Trend der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen leichter beurteilen zu können und die eingefahrenen Phrasen der Berichterstattung zu durchbrechen.


Originalwerte Saisonbereinigt Trend
Zeitraum ab Personen Veränderung gegenüber Vormonat Veränderung gegenüber Vorjahres-Monat Personen Veränderung gegenüber Vorjahres-Monat Personen Veränderung gegenüber Vor-Monat

in Millionen In % in Millionen In % in Millionen In %
01.01.14 42,159 -0,70 0,70 42,461 0,20

01.02.14 42,202 0,10 0,80 42,505 0,10

01.03.14 42,315 0,30 0,90 42,523 0,00

01.04.14 42,474 0,40 0,90 42,570 0,10

01.05.14 42,570 0,20 0,80 42,574 0,00

01.06.14 42,621 0,10 0,80 42,598 0,10

01.07.14 42,641 0,00 0,80 42,639 0,10

01.08.14 42,660 0,00 0,80 42,627 0,00

01.09.14 42,858 0,50 0,80 42,654 0,10

01.10.14 42,969 0,30 0,70 42,687 0,10

01.11.14 42,964 0,00 0,70 42,675 0,00

01.12.14 42,781 -0,40 0,70 42,708 0,10

01.01.15 42,429 -0,80 0,60 42,734 0,10 42,602
01.02.15 42,471 0,10 0,60 42,772 0,10 42,625 0,053
01.03.15 42,634 0,40 0,80 42,836 0,10 42,647 0,052
01.04.15 42,792 0,40 0,70 42,884 0,10 42,673 0,061
01.05.15 42,913 0,30 0,80 42,916 0,10 42,699 0,061
01.06.15 42,992 0,20 0,90 42,966 0,10 42,728 0,067
01.07.15 43,023 0,10 0,90 43,019 0,10 42,758 0,072
01.08.15 43,070 0,10 1,00 43,038 0,00 42,790 0,074
01.09.15 43,282 0,50 1,00 43,080 0,10 42,824 0,080
01.10.15 43,386 0,20 1,00 43,107 0,10 42,860 0,083
01.11.15 43,458 0,20 1,10 43,170 0,10 42,895 0,082
01.12.15 43,302 -0,40 1,20 43,228 0,10 42,936 0,096
01.01.16 42,948 -0,80 1,20 43,258 0,10 42,979 0,101
01.02.16 43,010 0,10 1,30 43,314 0,10 43,023 0,102
01.03.16 43,171 0,40 1,30 43,369 0,10 43,068 0,105
01.04.16 43,291 0,30 1,20 43,381 0,00 43,112 0,103
01.05.16 43,420 0,30 1,20 43,423 0,10 43,154 0,096
01.06.16 43,499 0,20 1,20 43,469 0,10 43,196 0,098
01.07.16 43,481 0,00 1,10 43,479 0,00 43,238 0,097
01.08.16 43,603 0,30 1,20 43,571 0,20 43,276 0,089
01.09.16 43,819 0,50 1,20 43,617 0,10 43,321 0,103
01.10.16 43,952 0,30 1,30 43,675 0,10 43,366 0,103
01.11.16 44,043 0,20 1,30 43,754 0,20 43,413 0,109
01.12.16 43,893 -0,30 1,40 43,816 0,10 43,462 0,112

Beliebte Posts aus diesem Blog

Windows Batch-Dateien mit Tastatur-Abfragen steuern

And every day the Ki greets you with another limerick

Kein Kommentar: Spiegel Online deaktiviert die Kommentare auf Google Plus