Kein Kommentar: Spiegel Online deaktiviert die Kommentare auf Google Plus

Ein Soziales Netzwerk lebt von Kommunikation. Kommunikation funktioniert auf Gegenseitigkeit. Jemand beginnt, indem er etwas mit einer Community teilt, und Leute die sich angesprochen fühlen reagieren mit Kommentaren. Das kann witzig sein, traurig, langweilig, traumhaft oder traumatisch. Beinahe jede Benennung eines Gemütszustandes wäre hier richtig.
Diese Beschreibung trifft jedoch nicht ganz auf Spiegel Online zu. Spiegel Online ist kein Jamand es ist ein Etwas - eine Instition. Den Betreibern dieser Einrichtung ist auf G+ Seltsames widerfahren. Das emotionale Erlebnis auf dieser Seite wurde zunehmend Monoton und einseitig. Zu viele Hass-Kommentare, die den Kanal verkleisterten. Man hätte sie vielleicht Löschen können, vielleicht aber auch nicht, das können eigentlich nur die Online Redakteure bei Spiegel Online entscheiden.
Das Problem mit solchen Kommentaren ist, das der Betreiber nicht jeden Scheiß stehen lassen kann, denn mancher Scheiß ist illegal, kriminell oder anstößig und kann juristische Folgen haben. Das ist auf mancherlei Weise lästig.
Zum einen, ein Online Medium hat einen Ruf zu verlieren. Deshalb sollten die meisten Kommentare ein gewissen Standard einhalten. Wer zum Beispiel auf der dunklen Seite das Mondes den Führerbunker halluziniert und darin einen Beweis sieht dass die Nazis eine Alien-Rasse waren, der ist eher peinlich als amüsant und gehört mit Sicherheit nicht zu den regulären Abonnenten des Spiegel. Wenn das ganze dann noch mit unflätigen Anwürfen und Morddrohungen garniert ist, ist man es es irgendwann leid. Menschlich verständlich ist die Reaktion von Spiegel Online, die Kommentare auszuschalten allemal.
Ein zweiter Punkt. Das Geschäftsziel erreicht Spiegel Online über Abonnenten der Print-Ausgabe und indem viele Click-Zahlen auf Spiegel Online registriert werden. Das Äußert sich zum Beispiel darin, dass auf der G+ Seite von Spiegel Online nicht das volle Programm von Spiegel Online läuft, sondern nur bestimme Artikel promotet werden. Diese Werbung für Inhalte auf Spiegel Online lässt man sich ungern mit brauner Kacke beschmieren. Es konterkariert jegliche Ziele die eine Werbe-Veranstaltung haben könnte. Schon zur Wahrung des Images ist es wichtig, nicht zu viele Hass-Kommentare anzuziehen. Wenn das nicht gelingen will, schaltet man die Kommentare ab und gut ist.
Ein dritter Punkt: Hass-Kommentare stürzen sich auf Meinungsführer, die viel Publikum anziehen. Sie sind nicht das ursächliche Problem dieser Medien, sondern das Problem liegt bei den Hass-Kommentar-Schreibern. Ein journalistisch tätiges Team, das seinen Job gut macht, und einem breiten Publikum wissenschaftliche, politische und kulturelle Phänomene erfolgreich vermittelt, hat es einfach nicht verdient mit Hass-Kommentaren zugemüllt zu werden, auch nicht wenn das Team einen Status von Meinungsführerschaft erreicht hat.

Meinungsführer gegen Hass

Der Spiegel gilt als Meinungsführer. Diesen Titel teilt er sich mit anderen Print Medien und dem Rundfunk. Dieses Konzept ist eventuell einer Veränderung unterworfen. Jedenfalls erodiert es. Diejenigen, die bisher keine Stimme hatten, bekommen durch soziale Medien wie Google Plus Kanäle auf denen sie sich äußern. Ich finde, die Demokratie kann nur gewinnen, indem viele Menschen sich äußern und von vielen anderen ihre Stimme gehört wird. Das sich da auch Hass aufschaukeln kann, der bisher im Grummeln von Kneipendiskussionen untergegangen ist, ist ein neues Phänomen, und vielleicht eine Gesetzmäßigkeit, wenn man bisher Sprachlosen plötzlich einen Kanal und eine Stimme gibt. Allerdings dürfte sich dieser Effekt setzen je weiter sich die Kommunikation via soziale Plattformen etabliert. Denn im Grunde ist es wie im richtigen Leben, wer immer nur Hass und Schlechte Laune verbreitet, dem hört man irgendwann nicht mehr zu, weil Hass auf Dauer öde und das Stigma von Loosern ist.

Das Geschäftsziel erreichen ohne Kommentar-Funktion

Das Abschalten von Kommentaren kann das Geschäftsziel unterstützen, indem Leser von Artikeln, die sich über die Inhalte emotionalisiert haben, diesen Artikel teilen müssen, wenn sie den Artikel kommentieren wollen. Wenn also vorwiegend negative Kommentare angezogen werden, ist das eine gute Strategie die Reichweite dieser negativen Kommentare zu begrenzen - entweder auf eine Community oder auf ein privates Profil. Zudem sind die juristischen Konsequenzen von Unflätigem Zeugs für Spiegel Online vom Tisch, denn der Unflat postet seinen Scheiß auf seiner Seite - und eventuell in einer Community. Wahrscheinlich tendiert die Motivation für Hass-Kommentatoren so gegen Null. 

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