Das schäbige Dresden

Bild: (c) Peter Benwar-Wagner
Die Facebook Seite "Aluhut für Ken" dokumentiert heute (unter Quelle), dass in Dresden Stolpersteine überklebt wurden, die an Shoah Opfer aus der Nachbarschaft erinnern. Überklebt wurden die Stolpersteine mit den Namen von Leuten, die angeblich beim Feuersturm in Dresden verbrannt sind. Dies ist dann mal fürs Erste der tiefste Punkt in der Jauchegrube, den die Rechten in Dresden bisher erreichen konnten.
Alte Leute erzählten mir früher die Geschichten von Freunden und Verwandten in Wuppertal und Remscheid, die im Krieg einen Feuersturm in ihrer Stadt erlebt hatten. Es waren grausame Geschichten über einen grausamen Krieg. Bei allem Schrecklichen schwebte in den Geschichten jedoch immer etwas mit, das die Empörung über soviel Grausamkeit der Militärs in Grenzen hielt:

  • Das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit, 
  • das eigene Unvermögen, die Nazis zu stoppen, solange es noch an der Zeit war, 
  • vielleicht sogar ein schlechtes Gewissen - 
  • auf jeden Fall aber die Gewissheit, dass man mit der Bundesrepublik ein Land neu aufgebaut hatte, das im Nachhinein betrachtet es erlaubte, die Schläge der Alliierten als Befreiungsschläge zu akzeptieren. 
  • Aus dem "Untergang" wurde irgendwann die "Befreiung von der Nazi-Diktatur".

Als ich dann viel später eine ähnliche Geschichte über den Feuersturm in Dresden von einer alten Lehrerin erzählt bekam, die mit ihrer Familie aus Ostpreußen geflohen war, gab es bemerkenswerte Unterschiede.
  1. Das Bombardement auf Dresden war das schlimmste, das jemals stattgefunden hatte. Kein anderer Feuersturm kam dem in Dresden gleich.
  2. Es gab kein schlechtes Gewissen, das die Empörung über diese Bombardements verringern konnte. Statt eines Gewissens gab es eine moralisierende Weinerlichkeit, dass man immer nur die toten Juden sehe und niemand anerkenne, das man ja selbst viel schlimmeres erlebt hätte. (Genau, der Radikalenerlass galt nur gegen Linke Lehrer)
  3. Die Toten in Dresden wurden über die ermordeten KZ-Opfer gestellt, weil es alles unschuldige Kriegsflüchtlinge waren, die eine lange Flucht hinter sich hatten. Das Attribut Unschuldig ist hier wichtig, denn es unterscheidet in dieser Erzählung der Lehrerin die Kriegsflüchtlinge von den ermordeten Juden.
Was ich bisher nur als abstoßende Erinnerung einer alten Frau mit einem leichten Ostpreußen-Akzent wahrgenommen habe, hat ab heute eine visuelle Komponente. Nazis überkleben Stolpersteine in Dresden mit denen sich die Deutschen an Unrecht, Diktatur und Verbrechen erinnern wollen, mit den Namen von Opfern, die bei der Vernichtung wichtiger Infrastruktur in einem brutalen Krieg getötet wurden.

Die Täter wollen die ermordeten Menschen der Shoah aus der kollektiven Erinnerung löschen und damit das Werk der Nationalsozialisten vollenden. Diese Tat geht weit über alles hinaus was bisher als kriminelle Holocaust-Leugnung bekannt geworden ist. Diese Tat macht Dresden zu einer schäbigen Stadt.

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