Struck und Rüttgers sind schief gewickelt

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck hat in der Bild am Sonntag heute ein Beispiel gegeben, wie mangelnde ökonomische Einsicht und fehlendes Branchenverständnis es verhindert, dass die SPD eine klare Vision für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik entwickeln kann. Struck warnt das Management der Telekom davor, Stellen im Inland zu streichen. Struck will so verhindern, dass durch Stellenstreichungen der Expansionskurs des Konzerns im Ausland finanziert wird. Gerade dieser Expansion in neue Märkte sichert dem Konzern in Zukunft seine Profitabilität, woran auch der Deutsche Staat mitverdienen könnte, denn er hält zurzeit 30 Prozent der Telekom-Aktien. Diese 30 Prozent könnten in Zukunft Geld für Deutschland verdienen, wenn das Wirtschaftsministerium eine auf Profit orientierte Portfoliopolitik betreiben würde. Längerfristig könnte diese Art der Portfoliopolitik im Wirtschaftsministerium nicht nur die Staatsfinanzen sanieren, sondern die Erträge könnten zu Steuersenkungen und zur Finanzierung von Sozialleistungen herangezogen werden. Anstatt also Machtpolitik mit leeren Worthülsen wie „Patriotismus“ zu betreiben täte die SPD gut daran sich pragmatischer Sanierungspolitik und Sozialpolitik zu widmen. Mit den Hartz IV Gesetzen ist ein großer Teil der Mittelschicht Enteignet worden. Diese Menschen wurden zur Unterschicht deklassiert. Des Weiteren wurde das Vertrauen der in der Mittelschicht verbliebenen Menschen in den Sozialstaat schwer untergraben und sie werden täglich dazu angehalten zusätzlich zu den immens hohen Sozialabgaben weitere Mittel aufzuwenden um private Leistungen für Alterssicherung und Gesundheit aufzubringen. Diese zusätzlichen Mittel sind wirtschaftliches Kapital, das gewinnbringend angelegt werden muss, wenn es den vorgesehenen Zweck der Alterssicherung und Gesundheitsvorsorge erfüllen soll. Manche Menschen sind dazu zeitlich und aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage andere nicht. Vor allem jetzigen Hartz IV Empfängern sind staatlicherseits alle Möglichkeiten genommen um dieses Kapital in ausreichender Höhe anzulegen. Eine auf Profit orientierte staatliche Portfolio-Politik im Wirtschaftministerium könnte im Interesse dieser deklassierten Menschen und aller wirtschaftlich Tätigen Menschen der Mittel- und Oberschicht organisiert werden. Wenn sich Struck einbildet im Interesse der 32.000 Mitarbeiter zu sprechen, die bis 2008 ihren Job bei der Telekom verlieren, ist er schief gewickelt. Politiker die Ihre Interessen vertreten wollen deklassieren diese Menschen nicht in die Unterschicht, sondern sorgen dafür, dass sie ein ausreichendes Einkommen haben. Wenn durch Rationalisierung immer mehr Stellen und Steuereinnahmen wegfallen muss der Staat sich umorientieren und nicht durch Steuer- und Abgabenerhöhungen die Lage noch verschlimmern. Im Rationalisierungsprozess, dem alle Bereiche wirtschaftlicher Tätigkeit unterworfen sind, wird der Produktionsfaktor Arbeit marginalisiert und der Produktionsfaktor Kapital gewinnt immens an Bedeutung. Ein staatliches auf Profit hin angelegtes Portfoliomanagement im Wirtschaftsministerium würde dieser Realität Rechnung tragen und zudem den Gegensatz zwischen Machtpolitikern und Managern auflösen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers war heute in ähnlicher Absicht wie Struck unterwegs. Seine These, die er im Deutschlandfunk vortrug lautet, dass Manager Abstriche an der Rendite hinnehmen sollen um so die Beschäftigung in ihren Betrieben künstlich hoch zu halten. Auch diese These geht haarscharf am Sinn wirtschaftlicher Tätigkeit vorbei. Kapital sucht Profit und nicht künstlich hochgehaltene Beschäftigung in unprofitablen Betrieben. Die Beispiele – Allianz und BenQ – die Rüttgers heranzieht sind zudem wesentlich zu unterscheiden. Bei BenQ in Kamp-Linfort handelt es sich um eine wirtschaftlich uninteressante Handy-Produktion. Die Beschäftigten waren blöd genug um vor Jahren 30 %ige Lohnkürzungen hinzunehmen und zusätzlich 5 Stunden unbezahlt mehr zu arbeiten. Beides macht sich mindernd auf das Arbeitslosengeld bemerkbar und wird ihre Lage im nächsten Jahr verschärfen, bis dann einige im übernächsten Jahr zu Hartz IV Opfern werden, wo es dann eh egal ist, wie viel und wie lange sie vorher gutes Geld verdient haben. Die Rationalisierungen im Allianz Konzern betreffen tatsächlich den Erhalt bzw. Ausbau bestehender Profitmargen. Anstatt nun jedoch dafür zu sorgen, dass sein Land NRW sich an den steigenden Profitmargen durch Kapitalbeteiligungen bereichert und zukünftig einige Milliarden Euro zum Wohle der Menschen in Nordrhein-Westfalen einstreicht, beklagt Jürgen Rüttgers das erfolgreiche Management dieser Konzerne und fordert den Erhalt unprofitabler und obsoleter Arbeitsplätze. Beiden Politikern – Struck wie Rüttgers – ist es gemeinsam, dass sie nicht nach Lösungen für die Misere bei den Staatsfinanzen, dem Sozialversicherungssystem und der prekären Lage der Hartz IV Opfer suchen, sondern sich als Politiker aus der Verantwortung nehmen und die Schuld den Managern großer Konzerne aufhalsen wollen.

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