Abofallen im Internet - Reingefallen - bieten die gesetzlichen Vorschriften ausreichenden Verbraucher-Schutz?

Bild-Quelle: Peter Benwar-Wagner
Rolf (68 und Name geändert) kaufte sich vor einem Monat ein Smartphone und lud es mit einer Prepaid Karte von Aldi Talk. Es dauerte einige Tage und schwupps hatte Rolf etwas angeklickt, was ihn fortan 4,99 Euro pro Woche kosten sollte.
Rolf schrieb einen Brief an Aldi Talk, in dem er alles genau erklärte und in dem auch seine Unzufriedenheit deutlich ausgedrückt war. Letztendlich erreichte Rolf folgendes:
1. Aldi Talk sperrete für ihn die Drittanbieter-Dienste. Mit dem stop der Bezahlung war auch das Abo abgelaufen. Zudem hatte er sowieso ein gesetzliches Kündigungsrecht von 14 Tagen.
2. Teilte ihm Aldi Talk folgendes Infos zur Rückbuchung der schon einbehaltenen 4,99 mit - Zitat:
Zur Rückbuchung des Betrag wenden Sie sich bitte direkt an den Drittanbieter.
EDF Communications, LLC
Sunset Boulevard, 8730, 90069, West Hollywood, Los Angeles
Hotline 08000000557
E-Mail info@mobileinfo.cc
Wer sich nun auf die Suche nach EDF Communications, LLC begibt (mittels Google) findet sehr viele Leute, denen es wie Rolf ergangen ist. Sie haben etwas auf einer Anbieter-Seite in ihrem Handy angeklickt und damit schon einen Abo-Vertrag abgeschlossen, dessen kosten direkt von Service-Provider des Kunden abgebucht werden. Rolf hatte zum beispiel eine Prepaid-Karte von Aldi-Talk, die daraufhin schon leer war.
Im Frage Netzwerk gutefrage.net findet sich eine stattliche Liste mit Fragen um dieses Thema. Die Antworten geben Tipps wie Verbraucher-Zentrale einschalten bis hin zu "folge den Anweisungen auf der Kunden-Hotline", aber auch Antworten die ähnliche Wege gehen, die auch Rolf gegangen ist - und das alles bei unterschiedlichen Anbietern. Es ist bei weitem kein Problem von Aldi Talk allein über das wir hier sprechen. Am nächsten kam dem Fall, den Rolf erlebt hat, eine Frage bei Yahoo!
Quelle: Google Street View
Sunset Boulevard, 8730, 90069, West Hollywood, Los Angeles
Im Frage Netzwerk von Yahoo! befindet sich die Frage Wie kündige ich dieses abo edf communications?  
Die Beste Antwort stammt von einer BASE-Kundin, die dort das gleiche erreicht hatte wie Rolf später bei Aldi Talk erreichen konnte.
Also auch sie konnte die SMS-Drittanbieter-Dienste sperren lassen und bekam die exakte Anschrift eines Anbieters in West Hollywood, Los Angeles, CA in den USA genannt. Wer es mit Google Maps sucht findet unter dieser Adresse die Sunset Towers, ein Büro-Hochhaus am Sunset Boulevard, in dem jeder irgendwelche Büroflächen mieten kann. Die Telefonnummer ist fett im Eingangsbereich auf einer Platte in der Wand eingelassen.

Wo ist das Problem?

Nun - obwohl es fast allen Opfern gelungen ist, das Abo nicht wirksam werden zu lassen, einmal hat jedoch jeder fünf Euro abgegeben und die Chancen auf Rückbuchung sehen die betroffenen Opfer nicht. Auch Rolf hat den Email-Kontakt, den ihn der Aldi-Talk-Kundendienst nannte nicht genutzt. Wer ihn allerdings nutzt, sieht schnell, dass die Email-Adresse nach info@mobile-info.cc aufgelöst wird. Und unter mobile-info.cc befindet sich eine deutsch-sprachige CustomerCare-Site.
Das Problem ist also nicht eine wirkliche Abzocke, sondern ein mangelndes Verständnis der deutschen Nutzer-Gemeinde mit modernen Internet-Marketing-Gepflogenheiten. Da ist einmal die Anschrift in den USA, dann das anonyme Bürohochhaus auf Google-Street View und dann noch eine unverständliche .cc first level domain, die als CustomerCare verstanden werden will. Mir klingelt noch Rolf schrill in meinem Ohr: Und geht das alles nicht furchtbar schnell - schwupp sind fünf Euro futsch und obendrein hat man ein Abo an der Backe hängen.

Geht's besser?

Wie könnte man es besser machen? Auch bei Amazon Prime werden Online-Geschäfte mit einem Klick erledigt. Jedoch bekommt man sofort eine Auftragsbestätigung mit Widerruf-Belehrung und eine Rechnung in sein Email-Postfach zugestellt. Erst mit Zustellung der Widerruf-Belehrung beginnt die 14-Tägige-Rücktrittsfrist zu laufen, fehlt diese Widerruf-Belehrung kann jederzeit vom Kauf zurück getreten werden. Hier hat sich Amazon vorbildlich auf deutsche Gepflogenheiten eingelassen und das nicht nur zum eigenen Vorteil, auch die Kunden wissen es zu schätzen. Vielleicht spricht sich das auch bei anderen Anbietern rum.
Ein zweiter Punkt ist die alte Email-Adresse, die von den deutschen Vertragspartnern der EDF Communications CC weiter gegeben wird. Man kann sich einfach nicht sicher sein, wirklich den richtigen Ansprechpartner gefunden zu haben wie eine Diskussion bei Facebook zeigt.

Drittanbieter-Dienste von beginn an sperren lassen?

Obwohl Rolf schon gemerkt hat, wie schnell er einem vermeintlichen Abzocker auf den Leim gegangen ist, will der sich nicht damit zufrieden geben, die Drittanbierter-Dienste generell zu sperren. 
Ich denke damit begeht er einen Fehler, denn seit 2012 bestimmt das TKG (Telekommunikationsgesetzes) in §45d ausdrücklich dieses Recht im Sinne des Verbraucherschutzes. Gäbe es diese Möglichkeit nicht, wäre die Tür für betrügerische Geschäftsmodelle noch viel weiter offen, als sie es jetzt schon ist. 
Was zeichnet einen guten Kompromiss aus? Genau, niemand ist mit ihm zufrieden. Scheinbar ist die Drittanbietersperre ein ganz guter Kompromiss. 

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