"Hässlicher Kapitalist"?

Unter der Überschrift ‚Mord am „hässlichen Kapitalisten“’ erinnert das Handelsblatt heute an den BDA Präsidenten Hanns Martin Schleyer. In Erinnerung geblieben ist ein Aufsteiger im ehemaligen Daimler Benz Konzern, einen Manager und Wirtschaftsfunktionär, der lt. Handelsblatt seiner Zeit voraus war. Die Ermordung Hanns Martin Schleyers durch die RAF ist ein Schlüsselerlebnis für das politische Bewusstsein und der Satz „Die Bundesrepublik ist nicht erpressbar“ gehört untrennbar dazu.

Die These, dass Schleyer seiner Zeit voraus war macht der Autor an der aktuellen Investivlohndebatte fest. Hatte nicht Schleyer schon in den 70er Jahren Beteiligungen der Arbeitnehmer am Unternehmenskapital vorgeschlagen? Sein Vorschlag kam freilich im Packet mit der Ablehnung der Arbeitnehmermitbestimmung daher. Das Ergebnis dieser Diskussionen und Verhandlungen war schließlich ein Betriebsverfassungsgesetz in dem der Umgang der Unternehmer mit der Belegschaft rechtlich geregelt wurde.

Rückblickend sehe ich nicht wo und wie Schleyer seiner Zeit voraus gewesen sei, denn sowohl bei Daimler Benz als auch als BDA-Präsident hat er im Dialog mit den Tarifpartnern und Politikern für die 70er Jahre zeitgemäße Antworten auf damals drängende Fragen gefunden, die den Demokratisierungsprozess der Bundesrepublik ein Stück weit nach vorn gebracht haben. Das dieser Prozess in Gang kam haben wir der Brand’schen Kanzlerschaft zu verdanken und Schleyers Beitrag dazu war eine Angemessene Reaktion aus Arbeitgebersicht auf Fragen, die geklärt werden mussten.

Der Artikel erinnert außerdem an die Karriere, die Hanns Martin Schleyer als SS-Funktionär im nationalsozialistisch regierten Deutschland ab 1933 gemacht hatte. Hervorgehoben wird, dass Schleyer nicht versucht hat, diese Karriere vor der westdeutschen Öffentlichkeit zu verheimlichen, sondern offen damit umgegangen ist. Schließlich wurde die Karriere von seinen Freunden in Politik und Verbänden akzeptiert und bei manchen, die nicht so offen mit ihrer eigenen Karriere umgegangen sind, haben Journalisten, Schriftsteller und später auch Historiker mittels Recherche und Forschung einiges zutage gefördert.

Interessant finde ich, dass die gleichen illustren Kreise, die kritiklos ehemalige nationalsozialistische Funktionäre in ihren Reihen willkommen hieß, sich wie Rache-Engel gebärdet haben, als es um die juristische Be- und Verurteilung der sozialistischen Funktionäre der DDR in der Nachwende-Zeit ging. Mich würde interessieren, wie viel Heuchelei hinter all dieser Juristerei gesteckt hat, und ob die neo-liberale Tünche ausreicht den Graben zwischen „Rechts“ und „Links“ auf Dauer zu überdecken, oder ob hier irgendwann wieder die Hunnen regieren.

http://www.handelsblatt.com/news/Politik/Deutschland/_pv/grid_id/1167159/_p/200050/_t/ft/_b/1181545/default.aspx/mord am-haesslichen-kapitalisten.html

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